Videoüberwachung – Was ist überhaupt erlaubt?

Im Jahr 2018 gab es ungefähr 100.000 gemeldete Wohnungseinbrüche bei uns in Deutschland. Gegenüber den Vorjahren ein wesentlicher Rückgang. Seit Sommer 2017 erfüllt der Einbruch in eine Privatwohnung den Tatbestand eines Verbrechens. Die Mindestfreiheitsstrafe wurde von 6 Monaten auf ein Jahr angehoben, die Höchststrafe beträgt seitdem 10 Jahre. Ein abschreckender Effekt. Immer mehr Eigentümer investieren in Videoüberwachung bzw. Sicherheitstechnik.

Videoüberwachung, Quelle: pixabay
Videoüberwachung, Quelle: pixabay

Viele Immobilienbesitzer haben eine Überwachungskamera im oder am Haus installiert oder planen es. Aber ist das ohne weiteres überhaupt erlaubt? Jede Videoüberwachung greift in das Grundrecht der betroffenen Personen ein, selber über die Verwendung und Freigabe ihrer personenbezogenen Daten zu bestimmen. Desweiteren berührt sie auch das Grundrecht am eigenen Bild. Sie ist daher nur zulässig, wenn sie durch eine gesetzliche Regelung erlaubt ist und die datenschutzrechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden.

Videoüberwachung – Wo finde ich die rechtlichen Grundlagen für eine Videoüberwachung an nicht öffentlichen Stellen?

Sollte sich die Videoüberwachung nur auf den familiären oder persönlichen Bereich beschränken ( wie zum Beispiel die eigene Wohnung) desjenigen, der die Daten verarbeitet, findet die DS-GVO (Datenschutzgrundverordnung) keine Anwendung. Werden jedoch darüber hinausgehende Bereiche (zum Beispiel der Bürgersteig vor der eigenen Wohnung) erfasst oder/und für weitere Zwecke verfolgt (zum Beispiel für die Beweissicherung im Fall eines Verbrechens), unterliegt die Videoüberwachung den datenschutzrechtlichen Voraussetzungen der DS-GVO. Als Rechtsgrundlage für eine Videoüberwachung dient in der Regel Artikel 6 Abs. 1 laut DS-GVO:

Videoüberwachung, Quelle: pixabay
Videoüberwachung, Quelle: pixabay

Danach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur dann rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder einer dritten Person erforderlich ist. Jedoch dürften gleichzeitig die Interessen, Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person überwiegen, die den Schutz der Daten erfordern. Das gilt insbesondere, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt. Daneben ist § 26 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) zu berücksichtigen, wenn es sich bei den erhobenen Bilddaten zugleich um Daten von Beschäftigten handelt.

Beschäftigte haben einen Anspruch darauf, bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit KEINER ständigen Arbeits- und Leistungskontrolle des Arbeitgebers zu unterliegen. Nur der begründete Verdacht einer KONKRETEN Straftat kann ein berechtiges Interesse an der begrenzten Überwachung einzelner Beschäftigter darstellen.

Videoüberwachung – Wo finde ich die rechtlichen Grundlagen für eine Videoüberwachung für öffentliche Stellen?

Eine Videoüberwachung öffentlicher zugänglicher Räume durch öffentliche Stellen in Niedersachsen ist auf der Grundlage des § 14 NDSG (Niedersächsisches Datenschutzgesetz) möglich. Danach ist eine Videoüberwachung zulässig, soweit sie zur Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe erforderlich ist. Außerdem dürfen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Personen überwiegen. Der Gesetzgeber nennt 3 Beispiele für die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe:

  • den Schutz von Personen
  • den Schutz von Sachen und
  • die Wahrnehmung des Hausrechts.

Die Videoüberwachung zur Gefahrenabwehr und Verhütung von Straftaten ist im Polizei- und Ordnungsrecht geregelt (§ 32 Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung). Jedoch beabsichtigt der Gesetzgeber diese Vorschrift in naher Zukunft zu ändern.

Videoüberwachung – Was muss man vor dem Aufstellen einer Kamera berücksichtigen?

Für den rechtmäßigen Einsatz von Videotechnik sollte man zunächst immer die Erforderlichkeit prüfen. Falls sich der beabsichtigte Zweck auch mit einem anderen zumutbaren Mittel erreichen lässt, das weniger in die Rechte von betroffenen Personen eingreift, ist eine Videoüberwachung nicht erforderlich. Wie zum Beispiel um zu verhindern, dass nachts Autofahrer auf dem Parkplatz eines Supermarktes parken, kann der Betreiber anstatt einer nächtlichen Videoüberwachung auch eine Schranke nutzen. Außerdem muss man prüfen, ob statt einer umfassenden Überwachung auch ein Einsatz an besonderen Zeiten oder an Schwerpunkten ausreichend ist.

Auch wenn eine Videoüberwachung erforderlich ist, kann sie trotzdem nicht zulässig sein. Das ist der Fall, wenn Anhaltspunkte, dass die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegen. Maßstab für diese Abwägung sind die grundrechtlich geschützten Interessen der von der Videoüberwachung erfassten Personen. So ist zum Beispiel eine Kameraüberwachung von Umkleideräumen unzulässig, wenn die Überwachung dazu dienen soll, Sachbeschädigungen aufzudecken. Außerdem muss der mit der Beobachtung verfolgte Zweck in einem angemessenen Verhältnis zu den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen im Einzelfall stehen.

Eine Videoüberwachung ist besonders dann als ein intensiver Eingriff in die Rechte der Betroffen zu bewerten, wenn diese sich normgerecht verhalten und damit keinen Anlass für eine Überwachung geben. Von erheblichen Gewicht ist eine Videoüberwachung auch, wenn sie ununterbrochen einen Raum unter Kontrolle hält und damit Betroffene der Überwachung nicht ausweichen können (zum Beispiel im Eingangsbereich von Mehrfamilienhäusern oder im Fahrstuhl). Derartige Eingriffe sind nur dann gerechtfertigt, wenn mindestens gleichwertige Rechtsgüter geschützt werden sollen. So ist beispielsweise eine Kameraüberwachung der Schwimmbecken in einem Schwimmbad nicht zu beanstanden, da die Überwachung dazu dienen soll, die Gesundheit und das Leben der Badegäste zu schützen.

Vor der Installation einer Kamera sollte man immer umfassend prüfen, inwieweit die Überwachung in schutzwürdige Interessen, Grundfreiheiten und Grundrechte eingreift und welche möglichen Folgen für Betroffene sich daraus ergeben können. Man muss dabei auch die vernünftigen Erwartungen des Betroffenen berücksichtigen. Das bedeutet, muss der betroffene Mensch damit rechnen, in einer bestimmten Situation per Video überwacht zu werden? Da das Gesetz eine tatsächliche Interessenabwägung fordert, muss diese Abwägung anhand des konkreten Einzelfalls stattfinden. Ein Verweis auf abstrakte oder vergleichbare Interessenlagen genügt nicht. Wobei die Rechte von Kindern im besondern Maße zu berücksichtigen sind.

Darf man neben Bild- auch Tonaufnahmen anfertigen?

NEIN, sollte die Technik neben der Video- auch eine Audiofunktion zulassen, muss diese immer deaktiviert werden. Die Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung umfassen keine Tonaufnahmen, sofern der Gesetzeswortlaut dies nicht ausdrücklich zulässt.

Wie lange dürfen aufgezeichnete Bilddaten gespeichert werden?

Eine konkrete Regelung zur Speicherdauer von Videoaufzeichnungen enthält die DS-GVO nicht. Auch landesrechtliche Regelungen fehlen bisher. Daher gelten die allgemeinen datenschutzrechtlichen Grundsätze. Danach muss man durch Videoüberwachung aufgezeichnete und gespeicherte Daten unverzüglich löschen, wenn sie nicht mehr notwendig sind oder wenn schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen. So sind zum Beispiel Videoaufnahmen umgehend zu löschen, wenn nur Personen erkennbar sind, die sich nicht haben zu Schulden kommen lassen.

Ob das Bildmaterial zum Beispiel zur Beweissicherung länger gespeichert werden muss, dürfte in der Regel grundsätzlich innerhalb von ein bis zwei Tagen geklärt werden können. Unter der Berücksichtigung der Grundsätze „Speicherbegrenzung“ und „Datenminimierung“ sollten die Daten daher prinzipiell nach 48 Stunden gelöscht werden. In begründeten Ausnahmefällen ist auch eine längere Speicherdauer möglich. Am wirksamsten kann man das durch eine automatisierte periodische Löschung, zum Beispiel durch Selbstüberschreiben zurückliegender Aufnahmen, sicherstellen.

Videoüberwachung – Muss man darauf hinweisen?

Ja, bei einer zulässigen Videoüberwachung müssen Hinweisschilder angebracht werden. Diese müssen sowohl auf die Tatsache der Videoüberwachung als auch auf die dafür verantwortliche Stelle, die Speicherdauer, den verfolgten Zweck und die Betroffenenrechte deutlich hinweisen.

Gibt es zusätzliche formale Voraussetzungen bei der Einrichtung einer Videoüberwachung?

Eventuell muss man eine Datenschutz-Folgeabschätzung (DSFA) durchführen. Das ist dann der Fall, wenn die Form der Verarbeitung aufgrund der Art und des Umfangs voraussichtlich ein großes Risiko für die Freiheiten und Rechte natürlicher Personen zur Folge hat oder wenn öffentlich zugängliche Bereiche systematisch umfangreich überwacht werden. Für den Betrieb einer sogenannten Klingelkamera, die normalerweise nur kurz beim Auslösen der Türklingel aktiviert wird, ist eine DSFA nicht erforderlich. Für Kameras, für die bereits nach altem Recht eine sogenannte „Vorabkontrolle“ erstellt wurde, ist nur eine DSFA nach neuem Recht durchzuführen, sofern wesentliche Änderungen vorgenommen wurden.

Vorhandene Vorabkontrollen sind damit weiterhin gültig. Jedoch sind sie nach einem angemessenen Zeitraum zu überprüfen. Von nicht-öffentlichen Stellen ist in den Fällen, in denen eine DSFA durchzuführen ist, eine Datenschutzbeauftragte/r zu benennen. Außerdem müssen die Videoüberwachungen in das Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten aufgenommen werden. Dabei kann man mehrere Kameras unter einer Verarbeitungstätigkeit erfassen, vorausgesetzt das der gleiche Verarbeitungszweck verfolgt wird. Wird die Durchführung der Videoüberwachung auf Dritte übertragen, muss man einen Vertrag zur Auftragsverarbeitung gem. Art. 28 DS-GVO schließen.

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