Alternative Behandlungsformen stehen hoch im Kurs. Insbesondere Menschen, denen die Schulmedizin nicht mehr helfen kann, wenden sich oft an einen Vertreter der alternativen Heilkunde wie zum Beispiel der Osteopathie. Wer unter nicht nachlassenden Schmerzen leidet, hofft auf die Hilfe eines Osteopathen.
Osteopathie – Herkunft
Der Name Osteopathie stammt aus der griechischen Sprache. Die Begriffe osteon für Knochen und pathos für Schmerz und Krankheit weisen auf den Schwerpunkt dieser alternativen Behandlungsform hin. Die Osteopathie befasst sich insbesondere mit Muskeln, Bändern und Gelenken, also mit dem menschlichen Bewegungsapparat.
Jedoch behandelt ein Osteopath nicht nur derartige Probleme. Vielmehr steht der komplette Mensch im Fokus der Aufmerksamkeit. Zwar werden an bestimmten Punkten des Körpers Schmerzen behandelt, jedoch hat die Therapie den Menschen in seiner Gesamtheit im Auge. Die Osteopathie versteht sich als ganzheitliches Konzept. Seele, Geist und Körper bilden eine Einheit, die folgerichtig auch einheitlich behandelt werden sollte.
Die isolierte Bekämpfung einer Krankheit oder eines Symptoms ist nicht das Ziel einer osteopathischen Behandlung. Vielmehr sollen die Blockaden des Körpers aufgespürt und gelöst werden. Das Ziel ist die Aktivierung der immanenten Selbstheilungskräfte des menschlichen Körpers.
Geschichte
Andrew Taylor Still hatte nach seinen eigenen Angaben im Juni 1874 so etwas wie eine Eingebung, eine Vision für eine neue Art medizinischer Behandlung. Still war Chirurg und Gegner der Sklaverei. Der Sohn von Methodistenpredigern arbeitete als Arzt im amerikanischen Bürgerkrieg. Er musste viel Schmerzen und Leid mit ansehen. Auch in seiner eigenen Familie gab es schlimme Todesfälle. Seine erste Frau und sein Baby verstarben, und auch seine zweite Ehefrau und 3 Kinder überlebten eine Epidemie von Meningitis im Jahr 1864 leider nicht.
Still konnte und wollte den aggressiven Medikamenten und Therapien nicht mehr vertrauen und suchte nach Alternativen. Im Verlauf der Jahre entwickelte er seine Behandlungsmethode und unterrichtete sie seit 1892. Genau in diesem Jahr wurde die American School of Osteopathy (ASO) im amerikanischen Kirksville gegründet, dem Wohnsitz ihres Gründers.
Die vier Grundprinzipien der Osteopathie
Der Patient ist bei einer Behandlung durch einen Osteopathen das Wichtigste. Nicht die Krankheit steht im Fokus des Geschehens, sondern der gesamte Mensch mit seinen Problemen. Ein Osteopath handelt nach bestimmten Prinzipien und Grundsätzen:
- Der Mensch ist eine Einheit. Der Körper ist nicht isoliert zu betrachten. Er ist vielmehr mit Seele und Geist verbunden. Es durchströmt eine universelle Lebensenergie den kompletten Körper.
- Es gibt einen Zusammenhang zwischen Funktion und Struktur. So ist es möglich, dass Fehlhaltungen und Fehlstellungen zu anatomischen Schäden führen. Narben oder Verletzungen können das Gewebe nachhaltig beeinflussen.
- Der Körper hat Kräfte, mit denen er sich selber heilen kann. Ein gesunder Mensch befindet sich im Zustand des Gleichgewichtes, der Homöostase. Wenn dieses Gleichgewicht gestört ist, dann das zu Beschwerden führen. Krankheiten können Fuß fassen und sich im Körper ausbreiten.
- Die Durchblutung ist eine zentrale Funktion. Sie hält den gesamten Organismus funktionsfähig und gesund. Bei mangelnder Durchblutung können Schädigungen und Probleme entstehen.
Die Grenzen der Osteopathie
Die Osteopathie kann jedoch nur in bestimmten Bereichen angewandt werden. Die Grenzen der Behandlung liegen zum einen dort, wo die physische Annäherung an einen Patienten unangemessen und problematisch ist. Zum anderen gibt es Störungen und Krankheiten, die mit den Selbstheilungskräften des Körpers nicht mehr positiv beeinflusst werden können. Seelische Erkrankungen, Tumorerkrankungen, schwere Infektionskrankheiten und Knochenbrüche können durch einen Osteopathen nicht behandelt werden.
Aber die Osteopathie nimmt für sich in Anspruch, mit unterstützenden Behandlungen auch bei schweren Krankheiten helfen zu können. Es geht dann dabei nicht um die Heilung dieser Erkrankungen, sondern um begleitende Maßnahmen. In diesen Fällen kann die Osteopathie zur Verbesserung des Allgemeinbefindens beitragen. Mit der Stabilisierung einer positiven Befindlichkeit kann der Heilungsprozess verstärkt und sogar beschleunigt werden.
Osteopathie – Die Behandlung
Die Osteopathie wird auch als „sanfte Medizin„, als sanftes Heilen mit den Händen“ bezeichnet. Eine Behandlung kann zwischen 45 und 60 Minuten dauern. Am Anfang jeder Konsultation steht ein ausführliches Gespräch zwischen Osteopath und Patient, der seine Schmerzen und Probleme auf jeden Fall ausführlich schildern sollte. Die Krankengeschichte spielt für die Behandlung auch eine wichtig Rolle. Dann geht der Osteopath mit seinen Händen auf die Suche nach Blockaden, Verspannungen und ähnlichen körperlichen Beschwerden.
Wenn er den Grund der Probleme gefunden hat, so versucht er sie zu lösen. Das geschieht mit ruhigen, langsamen und eben sanften Handbewegungen. Die blockierten Körperstellen werden gedehnt und in Bewegung gebracht, damit die Lebensenergie befreit wird und weiter ungehindert fließen kann.
Anwendungsgebiete
Wer sich in eine osteopathische Behandlung begibt, leidet in den meisten Fällen unter Schmerzen und hat bereits ohne Erfolg andere Therapien ausprobiert. Die Osteopathie kann aber nicht nur bei Schmerzen, sondern auch bei folgenden Krankheiten und Beschwerden helfen:
- Beschwerden der Gelenke und des Bewegungsapparates, bei Ischialgie und Hexenschuss, bei Verstauchungen und Verletzungen
- Im Bereich des Kopfes bei Migräne, Kopfschmerzen und Entzündungen der oberen Atemwege, Mandel- und Mittelohrentzündung, Probleme des Kiefers
- In der Schwangerschaft; Vorbereitung und Nachsorge, Kinderwunsch, Menstruationsbeschwerden, Klimakterium
- Hauterkrankungen jeglicher Art
- Kinderkrankheiten wie Schiefhals, Störungen von Konzentration und Aufmerksamkeit (ADS, ADHS), Skoliose, Behinderungen und Entwicklungsstörungen
Wirksamkeit der Osteopathie
Diese alternative Heilkunst mit den Händen ist nicht unumstritten. Die Wissenschaft und auch die Schulmedizin bezweifeln die Wirksamkeit dieser Methode. Sie sei nur ein Placebo oder die Beschäftigung des Osteopathen mit dem Patienten führe nur zu mehr Wohlbefinden, heißt es. Die Bundesärztekammer hat im Jahr 2009 einen Arbeitskreis eingerichtet, der sich aus Medizinern unterschiedlicher Fachgebiete zusammensetzte. Die Gruppe sollte sich mit osteopathischen Verfahren auseinandersetzen und anschließend ihre Wirksamkeit bewerten.
Zunächst kamen die Mediziner zu dem Schluss, dass viele Studien zur Osteopathie nicht in Datenbanken zu finden seien und daher nicht ausgewertet werden können. Aber aus den vorhandenen Daten könne man folgenden Schluss ziehen:
„Verschiedene dieser Metaanalysen und Studien belegen die Wirksamkeit osteopathischer Behandlungen bei einer Reihe von verschiedenen Gesundheitsstörungen.“
Insbesondere bei Rückenschmerzen hat sich nach Ansicht vieler Ärzte und Wissenschaftler die Osteopathie bewährt. Insgesamt jedoch ist die Wirksamkeit der Osteopathie insbesondere bei Verfechtern und Experten exakter Daten und deren Analysen nicht ausreichend geklärt.
Qualität des Osteopathen
Insbesondere bei einer alternativen Heilmethode ist im Sinne des Patienten natürlich eine gute Qualifikation des behandelnden Osteopathen entscheidend. Wenn Blockaden und Verspannungen mit den Händen aufgespürt und behandelt werden, so benötigt der Osteopath viel Erfahrung, ein gutes Einfühlungsvermögen und Sensibilität. Aus diesem Grund benötigt jeder Osteopath eine lange Schulungszeit, damit er seiner Aufgabe gewachsen ist. Falls Sie die Methode ausprobieren möchten, sollten Sie sicher sein, dass der Osteopath über ein großes Niveau verfügt.
Ein guter Osteopath muss über fundierte anatomische Kenntnisse verfügen. Sein Wissen über Krankheiten und deren Behandlung sollte breit gefächert sein. Auch sollte er die Anamnese, also die Aufnahme der Krankengeschichte des Patienten, gut beherrschen. Nur Heilpraktiker und Ärzte dürfen nach einer Zusatzausbildung osteopathische Behandlungen durchführen. Auch Masseure und Physiotherapeuten können sich weiterbilden, müssen dann jedoch eine Prüfung zum Heilpraktiker ablegen.